Chronik der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - 1996 (1)

01.10.05

(= ERPL/REDP 10 [1998], S. 209 ff.)

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I. Vorbemerkung

[II. Grenzen der Verfassungsänderung] [III. Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte: Art. 1 - 9 GG; Art. 12 - 19, 103 GG (1996-2)] [IV. Gewaltenteilung (1996-2)] [V. Gleichheit der Wahl (1996-2)] [VI. Abgeordnetenstatus (1996-2)]

Die Arbeitsbelastung des Bundesverfassungsgerichts ist auch 1996 nicht gesunken. Die Anzahl der Entscheidungen entspricht in etwa der vom Vorjahr. Die Gesamtstatistik des Bundesverfassungsgerichts nennt für das Geschäftsjahr 1996  5.246 Neueingänge und 5.194 Erledigungen (davon 4.755 durch Entscheidung). Wiederum sind es fast ausschließlich Verfassungsbeschwerden, die das Gericht beschäftigt haben (4.702 Entscheidungen). Die Diskussion um die Reform der Verfassungsbeschwerde[1] bleibt also aktuell.[2] Der Bundesminister der Justiz hat 1996 eine Kommission berufen, die umfassende Vorschläge zur Entlastung des Bundesverfassungsgerichts ausarbeiten soll. Ihr Bericht soll noch 1997 vorliegen.[3]

Die Diskussion um die Reform der Verfassungsbeschwerde könnte dadurch einen neuen Akzent erhalten, daß die Bundesrepublik 1997 erstmals wegen überlanger Verfahrensdauer vor dem Bundesverfassungsgericht vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (= EGMR) wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (= EMRK) verurteilt worden ist.[4] Selbst wann man berücksichtigt, daß sich die Höchstgrenze für eine angemessene Verfahrensdauer im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK nach der Rechtsprechung des EGMR jeweils nach den Umständen des Einzelfalles bestimmt, wird man davon ausgehen können, daß das Bundesverfassungsgericht in zahlreichen anderen Fällen - konkreten Normenkontrollverfahren wie Verfassungsbeschwerdeverfahren - ebenso gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK verstoßen hat. Eine der nachfolgend vorgestellten Entscheidungen erging erst nach zehn Jahren.[5] Außerdem waren Ende 1996 noch 13 unerledigte Verfahren aus den Jahren 1984 - 1986 anhängig.[6]

Ebenso wie im Vorjahr war das Bundesverfassungsgericht auch 1996 starker Kritik ausgesetzt, was allerdings weniger an seinen neuesten Entscheidungen als an einem geschärften kritischen Bewußtsein der Fachöffentlichkeit lag. Die politischen Turbolenzen, die die Beschlüsse zur Bestrafung des Ausspruchs "Soldaten sind Mörder" und zum staatlich angeordneten Kruzifix im Klassenzimmer ausgelöst hatten,[7] hielten noch einige Zeit an. Außerdem setzten sich Rechtswissenschaftler und -praktiker auf dem 61. Deutschen Juristentag im September 1996 in Karlsruhe zum Teil sehr kritisch mit der Praxis der verfassungsgerichtlichen Kontrolle der Entscheidungen der Fachgerichte auseinander.[8] Angesichts dieser Kritik wird man vermutlich erwarten können, daß das Bundesverfassungsgericht zukünftig (noch) mehr Sorgfalt darauf verwenden wird, die funktionsbedingten Grenzen seiner Überprüfung von Gerichtsentscheidungen nicht nur abstrakt zu betonen, sondern im konkreten Fall deutlich sichtbar zu machen.[9]

Einige der Entscheidungen von 1996 sind von besonderem Interesse, weil darin grundlegende dogmatische Fragen erörtert werden. Das trifft vor allem für die drei Urteile vom 14. Mai zum neuen Asylrecht zu. Dort entwickelte das Bundesverfassungsgericht eine komplette Dogmatik für das neugestaltete Grundrecht auf Asyl und äußerte sich außerdem zu den Grenzen der Verfassungsänderung, zum Begriff der Freiheitsentziehung und zur Funktion der Verfassungsbeschwerde. In der Entscheidung zur Fachplanung durch den Gesetzgeber leistete es einen Beitrag zur Dogmatik der Gewaltenteilung. Hervorzuheben ist schließlich auch die Entscheidung zu den "Mauerschützenprozessen", das heißt zur strafrechtlichen Verfolgung der Tötung von Flüchtlingen an der innerdeutschen Grenze. Hier kommt der unausweichliche Konflikt des Grundsatzes "nulla poena sine lege" mit dem rechtsstaatlichen Gebot der materiellen Gerechtigkeit bei der strafrechtlichen Aufarbeitung der vorrechtsstaatlichen Vergangenheit zur Sprache.

II. Grenzen der Verfassungsänderung (Art. 79 Abs. 3 GG)

[I. Vorbemerkung] [III. Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte: Art. 1 - 9 GG; Art. 12 - 19, 103 GG (1996-2)] [IV. Gewaltenteilung (1996-2)] [V. Gleichheit der Wahl (1996-2)] [VI. Abgeordnetenstatus (1996-2)]

Zwei Entscheidungen betrafen die in Art. 79 Abs. 3 GG gezogenen Grenzen der Verfassungsänderung. Nach dieser Vorschrift, einer Reaktion auf die Pannen der Weimarer Republik, sind Änderungen des Grundgesetzes unzulässig, wenn sie die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berühren. Damit soll verhindert werden, daß die Verfassungsordnung des Grundgesetzes unter dem Anschein der Legalität auf dem Wege einer Verfassungsänderung faktisch außer Kraft gesetzt wird. Wer die tragenden Pfeiler dieser Verfassungsordnung, nämlich die Menschenwürdegarantie (Art. 1 Abs. 1 GG), das Bekenntnis zu den Menschenrechten (Art. 1 Abs. 2 GG), die Bindung der öffentlichen Gewalt an die Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG), die Volkssouveränität (Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG), das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG), das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), das Bundesstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) oder die republikanische Staatsform (Art. 20 Abs. 1 GG) zerschlagen will, kann seine Ziele nicht auf dem Wege einer Gesetzgebung erreichen, die Kontinuität unter dem Grundgesetz vortäuscht, sondern muß dafür schon das Grundgesetz als Ganzes beseitigen. Eine Folge dieser Schutzbestimmung ist es, daß es "verfassungswidrige Verfassungsnormen" geben kann, nämlich Vorschriften in der Verfassung, die nachträglich eingefügt oder abgeändert worden sind und wegen Unvereinbarkeit mit Art. 79 Abs. 3 GG selbst verfassungswidrig, das heißt im Falle einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung vom Bundesverfassungsgericht für nichtig zu erklären sind.

 1) In einem mit Spannung erwarteten Urteil vom 14. Mai 1996 zur Reform des Asylrechts und zur Drittstaatenregelung [10] entschied das Bundesverfassungsgericht, daß die restriktive Neugestaltung des Grundrechts auf Asyl durch den verfassungsändernden Gesetzgeber im Jahre 1993 die Grenzen der zulässigen Verfassungsänderung nicht überschritten hat. Der Gesetzgeber hatte die alte, großzügigere Regelung in Art. 16 Abs. 2 S. 1 GG aufgehoben und statt ihrer einen neuen Art. 16a GG eingefügt, der zwar an einem Grundrecht auf Asyl festhält (Abs. 1), dieses aber erheblich enger faßt (Abs. 2 - 5).[11] Danach können sich Ausländer, die aus sogenannten sicheren Drittstaaten einreisen, nicht mehr auf das Grundrecht berufen. Bei Ausländern aus sogenannten sicheren Herkunftsländern wird vermutet, daß sie nicht politisch verfolgt werden. Asylsuchende, deren Anträge offensichtlich unbegründet sind, können einfacher abgeschoben werden. Außerdem erlaubt die neue Regelung völkerrechtliche Vereinbarungen mit anderen Staaten, in denen die Aufgaben im Asylbereich aufgeteilt werden. Art. 79 Abs. 3 GG steht diesen Einschränkungen, wie das Gericht herausarbeitete, nicht entgegen. Er verbietet nicht einmal die völlige Streichung des Grundrechts auf Asyl und läßt folglich auch eine restriktive Neugestaltung zu.[12]

Wie grundsätzlich jede Bestimmung der Verfassung steht auch das Grundrecht auf Asyl zur Disposition des verfassungsändernden Gesetzgebers. Daran ändert auch sein enger Bezug zur Garantie der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG nichts. Dem Asylgrundrecht liegt, wie das Gericht in früheren Entscheidungen dargelegt hatte,[13] die von der Achtung der Menschenwürde getragene Überzeugung zugrunde, daß kein Staat das Recht hat, das Leben, die körperliche Integrität oder die Freiheit des Menschen aus Gründen zu gefährden oder zu verletzen, die allein in der politischen Überzeugung, in der religiösen Grundentscheidung oder in unverfügbaren persönlichen Merkmalen liegen. Daraus läßt sich aber nicht die Schlußfolgerung ziehen, daß das Recht auf Asyl in der Form eines Grundrechts zum Gewährleistungsinhalt des Art. 1 Abs. 1 GG gehöre. Dieser ist vielmehr eigenständig, das heißt unabhängig von den konkreten Ausgestaltungen der einzelnen Grundrechte in der Verfassung zu bestimmen.[14] Im übrigen verlangt Art. 79 Abs. 3 GG lediglich, daß die in Art. 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätze nicht "berührt" werden, was das Gericht schon früher dem oben dargestellten Normzweck entsprechend so interpretiert hatte, daß danach nur die "prinzipielle Preisgabe" der Grundsätze verboten ist.[15] Art. 79 Abs. 3 GG hindert den verfassungsändernden Gesetzgeber daher nicht daran, die positivrechtlichen Ausprägungen der Grundsätze aus sachgerechten Gründen zu modifizieren.[16]

Die Tragweite dieser Feststellungen sollte nicht überschätzt werden: Das Bundesverfassungsgericht hat nicht entschieden, daß das Grundgesetz so geändert werden könnte, daß politisch Verfolgte keine Aufnahme mehr finden oder daß Flüchtlinge in Staaten abgeschoben werden dürfen, in denen ihnen akute Gefahr droht. Es hat lediglich klargestellt, daß Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit (= i.V.m.) Art. 1 Abs. 1 GG nicht verlangt, daß das Recht auf Schutz vor politischer Verfolgung durch besondere Regelungen in der Verfassung in der Form eines eigenständigen Grundrechts gewährleistet wird. Nur diese besondere, bis 1993 großzügigere Ausgestaltung als Grundrecht auf Asyl fällt nicht mehr in den Gewährleistungsbereich der Menschenwürdegarantie. Wer im Falle der Rückkehr in den Heimatstaat nachweislich mit schweren Angriffen auf Leben, Freiheit oder Gesundheit rechnen muß, braucht auch dann keine Abschiebung dorthin zu befürchten, wenn er kein Asylrecht genießt oder es das Asylrecht als Rechtsinstitut eines Tages nicht mehr geben sollte. Er wird dann unmittelbar durch die Menschenwürdegarantie selbst geschützt. Diesen Schutz kann ihm auch der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht nehmen.

Neben der restriktiven Neugestaltung des Grundrechts auf Asyl erwies sich auch eine damit einhergehende Verkürzung des Rechtsschutzes für Asylsuchende als mit Art. 79 Abs. 3 GG vereinbar. Nach Art. 16a Abs. 2 S. 3 GG können Asylsuchende, die aus einem sicheren Drittstaat einreisen, ungeachtet eventueller Rechtsbehelfe sofort dorthin zurückgewiesen werden. Das Bundesverfassungsgericht erachtete dies als unbedenklich, weil die als sicher einzustufenden Drittstaaten vom Gesetzgeber bestimmt werden und dieser sich dabei vergewissern muß, daß dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 sowie der EMRK sichergestellt ist (Konzept der normativen Vergewisserung). Das Gericht ließ ausdrücklich offen, ob die in Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze auch ein unabänderbares rechtsstaatliches Prinzip individuellen Rechtsschutzes enthalten (was es in einer früheren Entscheidung bereits bejaht hatte)[17] und begnügte sich mit der Feststellung, ein solcher Grundsatz werde hier jedenfalls nicht berührt.[18]

 2) In einem Beschluß vom 18. April 1996[19] bestätigte das Bundesverfassungsgericht seine bisherige Rechtsprechung, wonach es nicht gegen Art. 79 Abs. 3 GG verstößt, daß der im Einigungsvertrag[20] geregelte Restitutionsausschluß für Grundstücks-Enteignungen unter sowjetischer Besatzungshoheit (1945 - 1949) durch Verfassungsänderung für bestandskräftig erklärt worden ist. Nach dem Einigungsvertrag werden die zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (= DDR) enteigneten Grundstücke an die früheren Eigentümer bzw. deren Rechtsnachfolger zurückübertragen. Die Rückübertragung der schon vorher unter sowjetischer Besatzungshoheit enteigneten Grundstücke ist hingegen ausgeschlossen; der Einigungsvertrag läßt hier lediglich eine gesetzliche Regelung über staatliche Ausgleichszahlungen zu. In einer Entscheidung von 1991 hatte das Gericht dazu ausgeführt, die Bundesrepublik müsse nicht für die außerhalb des Geltungsbereiches des Grundgesetzes ergangenen Maßnahmen einer fremden Staatsgewalt einstehen, für die Betroffenen hätten zum Zeitpunkt der deutschen Wiedervereinigung keine Rechtspositionen mehr bestanden und die gewählte Lösung sei auch unter dem Gesichtspunkt des nachträglichen Ausgleichs früheren Unrechts unbedenklich. Die Wiedergutmachung früheren Unrechts könne ihre Wurzeln nur im Rechts- und Sozialstaatsprinzip haben. Diese Prinzipien seien in ihren Grundelementen, die der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht außer acht lassen dürfe, jedenfalls nicht verletzt, wenn die Enteignungen nicht im Wege der Restitution in Natur bereinigt würden.[21]

Das Gericht hatte auch die Gleichheitsproblematik angesprochen. Es hatte zunächst herausgearbeitet, daß der Grundsatz der Rechtsgleichheit und das Willkürverbot grundlegende Gerechtigkeitspostulate darstellen, die unter dem Blickwinkel der Art. 1 und 20 GG auch der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht außer acht lassen darf.[22] Die nach Art. 79 Abs. 3 GG unantastbaren Grundelemente des Gleichheitssatzes seien hier aber nicht verletzt. Der Ausschluß der Restitution werde hinreichend dadurch gerechtfertigt, daß die DDR und die Sowjetunion auf einer Aufrechterhaltung der alten Enteignungen bestanden hätten und die Bundesregierung nach ihrer pflichtgemäßen Entscheidung auf diese Bedingung habe eingehen müssen, um die deutsche Wiedervereinigung nicht zu gefährden. Der Gesetzgeber sei allerdings nach dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verpflichtet, von der im Einigungsvertrag offen gehaltenen Möglichkeit zu einer gesetzlichen Regelung staatlicher Ausgleichsregelungen Gebrauch zu machen.[23]

Gegen die Annahme, daß ein Bestehen auf der Rückgängigmachung aller Enteignungen die Wiedervereinigung gefährdet hätte, waren - zum Teil aufgrund erst später bekannt gewordener Tatsachen - Einwände erhoben worden. Das Gericht setzte sich in seinem Beschluß vom 18. April 1996 gründlich mit diesen Einwänden auseinander, hielt aber an seiner bisherigen Auffassung fest. Seine ausführlichen und aufschlußreichen Erörterungen zu den Verhandlungspositionen der DDR und der Sowjetunion[24] sind zwar nicht von rechtswissenschaftlichem, wohl aber von zeitgeschichtlichem Interesse. Zunächst wurde allerdings noch einmal hervorgehoben, daß die Wiedervereinigung Deutschlands ein verfassungsrechtliches Ziel dargestellt hatte,[25] dem angesichts seiner überragenden Bedeutung Vorrang eingeräumt werden durfte. Letzteres galt natürlich um so mehr, als die Interessen der früheren Eigentümer bei einem Scheitern der Wiedervereinigung auch nicht befriedigt worden wären. Außerdem unterstrich das Gericht die Grenzen seiner Kontrollbefugnis: Die Einschätzung der Verhandlungslage war Sache der Bundesregierung, die im Bereich der Außenpolitik über ein weites politisches Ermessen verfügt. Das Bundesverfassungsgericht darf ihre Lagebeurteilung nicht durch seine eigene ersetzen, sondern lediglich darauf überprüfen, ob sie pflichtwidrig vorgenommen wurde. Letzteres kann aber erst dann angenommen werden, wenn sich der Regierung bei den Verhandlungen geradezu aufdrängen mußte, daß sie von falschen Tatsachen ausging. Davon konnte hier nicht die Rede sein.[26]

III. Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte

[I. Vorbemerkung] [II. Grenzen der Verfassungsänderung] [III. ...  Art. 1 - 9 GG] [III. ... Art. 12 - 19, 103 GG (1996-2)] [IV. Gewaltenteilung (1996-2)] [V. Gleichheit der Wahl (1996-2)] [VI. Abgeordnetenstatus (1996-2)]

1) Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)

[1994] [1997]

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein Teilbereich des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), dessen Wesen und Inhalt sich erst aus dem Zusammenhang mit der Garantie der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) ergibt.[27] Es beinhaltet auch das Recht des Menschen auf Respektierung seiner eigenen persönlichen Entscheidung über seine Geschlechtszugehörigkeit. Bereits 1978 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gebietet, die Eintragung des männlichen Geschlechts eines Transsexuellen im Geburtsbuch jedenfalls dann zu berichtigen, wenn es sich nach den medizinischen Erkenntnissen um einen irreversiblen Fall von Transsexualismus handelt und eine geschlechtsanpassende Operation durchgeführt worden ist.[28] Das hatte damals zum Erlaß des Transsexuellengesetzes geführt. Dieses ermöglicht neben der rechtlich anerkannten Geschlechtsänderung durch geschlechtsanpassende Operation (sogenannte "große Lösung") schon im Vorfeld dazu die Änderung des Vornamens ("kleine Lösung"), um es der transsexuellen Person zu erlauben, schon frühzeitig ihrer psychischen Befindlichkeit entsprechend in der Rolle des anderen Geschlechts aufzutreten. In Anknüpfung an seine Rechtsprechung von 1978 stellte das Gericht jetzt in einer Entscheidung zur Anrede Transsexueller nach der Namensänderung[29] klar, daß die transsexuelle Person, auch wenn sich ihr Geschlecht nach dem Personenstandsrecht noch nicht geändert hat, schon nach der Namensänderung von den staatlichen Organen verlangen kann, dem Geschlecht, dem sie sich zugehörig fühlt und ihrem neuen Namen entsprechend mit der neuen Anrede als "Frau" bzw. "Herr" angesprochen zu werden. Im vorliegenden Fall, der mit einer erfolgreichen Verfassungsbeschwerde endete, hatten es die Behörden und Gerichte für richtig gehalten, eine Transsexuelle zwar mit dem neuen weiblichen Vornamen aber dennoch weiterhin als "Herr..." anzureden.

2) Recht auf effektiven Rechtsschutz in zivilrechtlichen Streitigkeiten (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG)

Das Grundgesetz gewährt dem Bürger nicht nur das Recht auf einen offenen Rechtsweg und einen effektiven Rechtsschutz gegen alle Maßnahmen der öffentlichen Gewalt (vgl. Art. 19 Abs. 4), sondern ebenso das Recht auf effektiven Rechtsschutz in allen zivilrechtlichen Streitigkeiten, auch Justizgewähranspruch[30] genannt. Die objektiv-rechtliche Pflicht des Staates zur Rechtsschutzgewährung ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Das korrespondierende subjektive Recht des Bürgers folgt aus dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, also aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG.[31] Es umfaßt das Recht auf Zugang zu den Gerichten und auf eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes sowie eine verbindliche Entscheidung durch den Richter.[32]

In einer Entscheidung zu den Risiken der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax [33] ging es darum, daß die Gerichte bei der Auslegung der einschlägigen Vorschriften in den Prozeßordnungen die Anforderungen an das, was der Betroffene unternommen haben muß, um nach einer Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erlangen, nicht überspannen dürfen.[34] Die Gerichte dürfen Fristversäumnisse, die daraus resultieren, daß sie Schriftsätze mit Verzögerung entgegengenommen haben, nicht dem Bürger anlasten.[35] Ebensowenig dürfen sie die Verantwortung für die Risiken der Entgegennahme rechtzeitig in ihren Gewahrsam gelangter Schriftsätze auf diesen abwälzen.[36] Jetzt entschied das Bundesverfassungsgericht, daß ein Gericht, das den Wege der Übermittlung von Schriftsätzen per Telefax eröffnet hat, die besonderen Risiken tragen muß, die sich aus den technischen Gegebenheiten dieses Kommunikationsmittels ergeben. Dies gilt nicht nur für Störungen des Empfangsgerätes im Gericht, die ohnehin der Sphäre des Gerichtes zuzurechnen sind, sondern auch für Leitungsstörungen. Erst Leitungen und Gerät gemeinsam stellen die vom Gericht eröffnete Zugangsmöglichkeit dar, weswegen auch eine Leitungsstörung als ein vom Gericht zu verantwortendes Versagen dieser Zugangseinrichtung anzusehen ist. Für Rechtsanwälte bedeutet dies eine erhebliche Arbeitserleichterung: Wenn sie ein funktionsfähiges Sendegerät ordnungsgemäß nutzen, die Empfängernummer korrekt eingeben und so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnen, daß unter normalen Umständen mit deren Abschluß bis 24.00 Uhr des letzten Tages der Frist zu rechnen ist, haben sie das ihrerseits Erforderliche für die Fristwahrung getan. Für den Fall des Scheiterns der Fax-Übermittlung darf ihnen nicht abverlangt werden, innerhalb kürzester Zeit den rechtzeitigen Zugang des Schriftsatzes auf andere Weise sicherzustellen.

3) Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG)

[1995]

In seinem Urteil vom 14. Mai 1996 zum Flughafen-Asylverfahren[37] gelangte das Bundesverfassungsgericht unter anderem zu dem Ergebnis, daß es keinen Eingriff in die Freiheit der Person (körperliche Bewegungsfreiheit) und erst recht keine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 Abs. 2 GG darstellt, wenn der Aufenthalt von Ausländern, die bei ihrer Ankunft auf dem Flughafen Asyl beantragt haben, auf bestimmte Räumlichkeiten in der Transitzone des Flughafens beschränkt wird. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG gewährleistet nicht das Recht, sich unbegrenzt überall aufhalten oder hinbegeben zu können. Es ist erst dann berührt, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt daran gehindert wird, einen Ort oder Raum aufzusuchen oder sich dort aufzuhalten, der ihm an sich - tatsächlich und rechtlich - zugänglich ist. Rechtliche oder tatsächliche Hindernisse für das Überschreiten der Staatsgrenze (hier: das Betreten deutschen Staatsgebietes außerhalb des Transitbereichs des Flughafens) schränken die Freiheit der Person also von vornherein nicht ein.[38] Noch weniger kann von einer Freiheitsentziehung die Rede sein, über die nach Art. 104 Abs. 2 GG der Richter entscheiden müßte. Sie setzt nämlich voraus, daß die tatsächlich und rechtlich gegebene körperliche Bewegungsfreiheit nach jeder Richtung hin aufgehoben wird,[39] was im Flughafen-Asylverfahren schon deswegen nicht der Fall ist, weil der Betroffene den Flughafen jederzeit durch einen Flug ins Ausland verlassen kann.

Der französische Conseil constitutionnel war in einer Entscheidung von 1992[40] davon ausgegangen, daß das Festhalten von Asylsuchenden in der Transitzone deswegen als Freiheitsentziehung (détention im Sinne des Art. 66 der französischen Verfassung von 1958) zu bewerten ist, weil sie die Merkmale einer besonders schweren und einer besonders langen Beeinträchtigung in sich vereinigt. Mit ähnlicher Argumentation hat mittlerweile der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 EMRK angenommen. Danach ist bei der Qualifizierung einer bestimmten Maßnahme von der konkreten Situation auszugehen und sind verschiedene Kriterien wie Art, Dauer, Auswirkungen und Art der Durchführung der Maßnahme heranzuziehen. Es handele sich hier lediglich um eine Frage des Grades und der Intensität der Einschränkung, nicht der Natur oder der Substanz.[41] Auch wenn diese Rechtsprechung möglicherweise nicht jedermann überzeugen kann, weil sie klare Begriffsabgrenzungen durch weiche Kriterien unmöglich macht und dadurch Gefahr läuft, den Begriff der Freiheitsentziehung zu verwässern, muß es doch jedenfalls Kritik begegnen, daß sich das Bundesverfassungsgericht mit der schon vor seiner Entscheidung vom Conseil constitutionnel vertretenen und auch für das deutsche Verfassungsrecht durchaus vertretbaren Argumentation überhaupt nicht auseinandergesetzt hat. Im zusammenwachsenden Europa, dessen Staaten immer häufiger mit denselben oder ähnlichen Problemen (auch Rechtsproblemen) konfrontiert werden, sollte die Aufmerksamkeit auch auf die Verfassungsrechtsprechung in den Nachbarländern gerichtet werden.

4) Allgemeiner Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)

[1995] [1998]

Auch 1996 mußte sich das Bundesverfassungsgericht mehrfach mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) beschäftigen, der es verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln (Willkürverbot).[42] Danach fordert jede Differenzierung einen vernünftigen, sachlich einleuchtenden Grund.[43] Nach der vom Ersten Senat entwickelten "neuen Formel" müssen zwischen zwei Personengruppen, die ungleich behandelt werden, Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht festgestellt werden können, daß sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können.[44] Diese Linie hat sich 1996 in der Rechtsprechung sowohl des Ersten als auch des Zweiten Senats weiter durchgesetzt.[45]

 a) Eine Entscheidung betraf das Problem der rentenrechtlichen Bewertung von Kindererziehungszeiten.[46] Nach dem deutschen Rentenrecht sind bei der Berechnung der Renten zugunsten der Mütter und Väter sogenannte Kindererziehungszeiten anzurechnen, und zwar unabhängig davon, ob die versicherte Person für den betreffenden Zeitraum Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt hat oder nicht. Auf diese Weise soll honoriert werden, daß die Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder allgemein zur Sicherung des Rentensystems beigetragen haben. Infolge gesetzlicher Regelungen, die das Bundesverfassungsgericht jetzt für (teilweise) unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG erklärte, wirkten sich die Kindererziehungszeiten allerdings bisher nicht für alle gleichermaßen günstig auf die Rente aus: Wer durch Beitragszahlungen bereits eine bestimmte Anzahl von Werteinheiten für den betreffenden Zeitraum erreicht hatte, erhielt keine zusätzlichen Werteinheiten gutgeschrieben - also keinerlei Vorteile -, während den anderen, die keine oder nur geringfügige Zahlungen gleistet hatten, die Kindererziehungszeit mit genau jener Anzahl von Werteinheiten angerechnet wurde. Wer neben der Kindererziehung noch gearbeitet hatte und daher beitragspflichtig geworden war oder aber freiwillig in die Rentenversicherungskasse eingezahlt hatte, wurde für seine Erziehungsmühen also weniger oder gar nicht belohnt.

Für diese Ungleichbehandlung fehlte es an einem sachlich rechtfertigenden Grund. Auf das sogenannte Lückenschließungsprinzip ließ sie sich nicht stützen. Nach diesem rentenpolitischen Grundsatz, der sich an mehreren Stellen im geltenden Rentenrecht niedergeschlagen hat, sollen Lücken in der Beitragszahlung bei der Berechnung der Renten durch Anrechnung von Ersatzzeiten, Ausfallzeiten, besonderen Anrechnungszeiten etc. ausgeglichen werden. Die Annahme einer "Lücke" setzt allerdings voraus, daß der Versicherte ansonsten in das System der gesetzlichen Rentenversicherung integriert ist, das heißt für die Zeiträume vor und nach der "Lücke" der Beitragspflicht unterliegt. Das war hier aber nicht der Fall, denn die Kindererziehungszeiten konnten auch rentenbegründend wirken, kamen also auch solchen Personen zugute, die niemals der Solidargemeinschaft der Rentenversicherten angehört hatten.[47]

Mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) ließ sich die Ungleichbehandlung auch nicht begründen. Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Staat, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen.[48] Das kann unter Umständen Ungleichbehandlungen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG sachlich rechtfertigen. Insbesondere kann es aufgrund des Sozialstaatsprinzips zulässig sein, soziale Ausgleichsleistungen (wie hier für die Kindererziehung) nur dorthin zu lenken, wo im Einzelfall ein Bedarf festgestellt wird (hier: wo die Kindererziehung beim erziehenden Elternteil Sicherungslücken in der Rentenbiographie hinterlassen hat). Im Rahmen des gesetzlichen Rentenversicherungssystems, das nicht an konkrete Bedarfslagen, sondern an die vorher gleisteten Beitragszahlungen anknüpft, reicht der Bedarfsgesichtspunkt jedoch für sich allein nicht als Differenzierungsgrund aus. Der Wert der Kindererziehung für die Rentenversicherung wird nicht dadurch reduziert oder gar aufgehoben, daß der Erzieher während dieser Zeit einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht oder für den betreffenden Zeitraum freiwillige Beiträge entrichtet.[49] - Damit ist nicht gesagt, daß dem Gesetzgeber nichts anderes übrig bleibt, als allgemein die kumulative Berücksichtigung der Kindererziehung bei der Rentenberechnung vorzuschreiben. Er muß aber jedenfalls, wenn er die soziale und wirtschaftliche Lage kindererziehender Mütter und Väter bedarfsorientiert verbessern will, nach neuen Wegen - innerhalb oder außerhalb des Rentenversicherungssystems - suchen.[50]

 b) An einem sachlich rechtfertigenden Grund fehlte es auch bei den unterschiedlich hohen Auslandszuschlägen für Beamte und Soldaten.[51] Nach einer Vorschrift im Bundesbesoldungsgesetz kamen nur die deutschen Soldaten, nicht aber die deutschen Beamten, die im Ausland in integrierten militärischen Stäben verwendet werden, in den Genuß eines erhöhten Auslandszuschlages. Der Gesetzentwurf hatte den höheren Zuschlag sowohl für die Soldaten in den Stäben als auch allgemein für die Beamten an zwischenstaatlichen und überstaatlichen Einrichtungen vorgesehen, was die Gruppe der Beamten in den Stäben eingeschlossen hätte. Die Passage über die zwischen- und überstaatlichen Einrichtungen war später auf Verlangen des Bundesrates gestrichen worden, ohne dafür die Beamten in den militärischen Stäben in die Regelung für die Soldaten einzubeziehen. Das Bundesverfassungsgericht ging davon aus, daß es sich hier um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers handelte, zumal die Materialien zu den Gesetzgebungsarbeiten keinerlei Hinweis darauf gaben, inwiefern sich der Gesetzgeber überhaupt mit der Frage der so zustandegekommenen Ungleichbehandlung von Soldaten und Beamten auseinandergesetzt haben könnte.[52] Es stützte seine Entscheidung aber nicht allein darauf, denn nicht schon eine subjektive Willkür des Gesetzgebers führt zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Norm, sondern nur deren objektive Unangemessenheit im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll.[53] An der bestanden hier jedoch keine Zweifel. Der von der Bundesregierung in einer Stellungnahme im Verfahren angeführte Differenzierungsgrund der ungleichen Belastung der Betroffenen infolge unterschiedlich häufiger Auslandsverwendung war zwar grundsätzlich geeignet, um ungleiche Besoldungszuschläge zu rechtfertigen, doch ließen sich nach den vorgelegten Zahlen Unterschiede in der Häufigkeit der Auslandsverwendung, die es zulassen würden, von einer größeren gruppenspezifischen Sonderbelastung der Soldaten zu sprechen, auch bei großzügiger Beurteilung nicht feststellen.[54]

 c) In einem Beschluß vom 8. Oktober 1996 zur personalvertretungsrechtlichen Benachteiligung der zivilen Arbeitnehmer bei den NATO-Truppen[55] entschied das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes, mit dem der Bundestag dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut zugestimmt hatte. Völkerrechtliche Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder Gegenstände der Bundesgesetzgebung betreffen, bedürfen nach Art. 59 Abs. 2 GG der parlamentarischen Zustimmung. Nicht die Verträge, wohl aber die Zustimmungsgesetze können vom Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden, was in der Wirkung auf eine mittelbare Überprüfung der Verträge hinausläuft. Im vorliegenden Fall bestanden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einiger Protokollbestimmungen, die den Personalvertretungen der Zivilbeschäftigten bei den in Deutschland stationierten ausländischen NATO-Truppen geringere Mitwirkungsrechte einräumten, als sie das deutsche Recht für die Personalvertretungen der Zivilbeschäftigten bei der Bundeswehr vorsieht. Für diese Ungleichbehandlung der zivilen Arbeitnehmer der deutschen und der ausländischen Streitkräfte fehlte es an einem im Regelungsgegenstand selbst liegenden rechtfertigenden Grund. Angesichts der vergleichbaren Funktionen der Bundeswehr und der Stationierungsstreitkräfte innerhalb des militärischen Bündnisses waren militärische Notwendigkeiten nicht erkennbar. Die NATO-Partner können auch nicht etwa eine Sonderstellung beanspruchen, nur weil es sich um souveräne Staaten handelt, denn sie treten hier als private Arbeitgeber auf, und für die gilt nach dem im internationalen Arbeitsrecht durchgesetzten Territorialitätsprinzip grundsätzlich das Recht des Aufnahmestaates.[56]

Das Bundesverfassungsgericht gelangte aufgrund der vorstehenden Überlegungen zunächst zu dem Zwischenergebnis, daß die betreffenden Regelungen als solche dem allgemeinen Gleichheitssatz widersprechen. Dennoch sah es in ihnen keinen Verfassungsverstoß. Der Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 GG sei hinzunehmen, weil die Bundesrepublik beim Aushandeln der Stationierungsverträge in ihrer Handlungsfreiheit beschränkt gewesen sei und es ihr trotz fortlaufender Bemühungen nicht gelungen sei, die Beteiligungsrechte der zivilen Arbeitnehmer bei den Stationierungskräften denen bei der Bundeswehr völlig anzugleichen.[57] Das Gericht bezog sich auf seine frühere Rechtsprechung, wonach politische Verträge, die schrittweise die besatzungsrechtliche Ordnung abbauen, schon dann mit dem Grundgesetz vereinbar sind, wenn der durch sie geschaffene Zustand der Verfassung näher steht als der frühere und wenn ein besseres Verhandlungsergebnis nicht erreicht werden konnte. Das Grundgesetz gestattet in diesem besonderen zeitgeschichtlichen Zusammenhang eine schrittweise Annäherung an eine volle Verwirklichung der verfassungsrechtlichen Gebote, solange eine uneingeschränkte Beachtung nicht möglich ist.[58] Im Hinblick auf solche Rahmenbedingungen war seinerzeit der Abschluß der Stationierungsverträge zulässig gewesen. Eine vergleichbare Lage sah das Gericht aber auch heute noch: Die Einbindung der Bundesrepublik in das westliche Bündnis gehöre zu den Eckpfeilern der deutschen Außenpolitik und könne im Hinblick auf ihre grundlegende Bedeutung bei Verhandlungen über Fragen, wie sie hier betroffen seien, nicht ernsthaft in Frage gestellt werden. Insofern unterliege die Bundesregierung bei den Vertragsverhandlungen außenpolitischen Zwängen, die aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht anders zu bewerten seien als jene bei den Verhandlungen über den Abbau der besatzungsrechtlichen Ordnung.[59]

Die vom Bundesverfassungsgericht gewählte Begründung ist nicht unproblematisch, denn sie beruht auf Prämissen, die sich hinterfragen lassen. Für die politische Stellung der Bundesrepublik in der Welt dürfte die Westeinbindung heute ebenso oder fast ebenso wichtig sein wie früher einmal der Abbau der besatzungsrechtlichen Ordnung. Für die Verwirklichung der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, die seinerzeit durch das Besatzungsregime beeinträchtigt worden war, das heißt für die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Zustandes, in dem sich Verfassungsordnung und Verfassungswirklichkeit weitgehend entsprechen, hat sie jedoch keine grundsätzliche Bedeutung. Das Grundgesetz ließe sich auch ohne NATO-Einbindung effektiv in die Wirklichkeit umsetzen. Die Lage der Bundesrepublik unterscheidet sich insofern nicht von der anderer westeuropäischer Verfassungsstaaten. Anders als beim Abbau des Besatzungsregimes kann hier also durchaus bezweifelt werden, ob sich ein (der Verfassung als Ganzes zu entnehmendes) Interesse feststellen läßt, zugunsten einer besser gesicherten Gesamtverwirklichung der Verfassung in einzelnen untergeordneten Angelegenheiten Verfassungsbrüche in Kauf zu nehmen. Gerade auf eine solche Argumentation läuft es jedoch hinaus, wenn das Gericht erst die Unvereinbarkeit des vorgelegten Zustimmungsgesetzes mit dem allgemeinen Gleichheitssatz klar herausstellt und dann einräumt, der gleichheitswidrige - also an sich verfassungswidrige - Zustand sei im Hinblick auf die begrenzten außenpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten hinzunehmen. Dieser umständliche Wege hätte sich vermeiden lassen, wenn das Gericht das elementare Interesse der Bundesrepublik an der Westeinbindung und die sich daraus ergebenden Sachzwänge als externen, das heißt außerhalb des Regelungsgegenstandes selbst liegenden, aber dennoch zu berücksichtigenden sachlichen Grund zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung gewertet hätte. Eine Auseinandersetzung mit dieser Lösungsmöglichkeit findet sich in dem Beschluß vom 8. Oktober 1996 nicht.

5) Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung (Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG)

[1997]

Das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung wurde erst mit der Verfassungsreform von 1994 in das Grundgesetz aufgenommen. Der Standort der Regelung läßt seine sachliche Nähe zu den Differenzierungsverboten in Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG[60] erkennen. Es unterscheidet sich von diesen allerdings dadurch, daß es nur zugunsten der Behinderten wirkt, weil es an einem dem Benachteiligungsverbot entsprechenden Bevorzugungsverbot fehlt. Darin verdeutlicht sich der Normzweck des Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG, die Stellung der behinderten Mitbürger in Recht und Gesellschaft zu stärken.

Eine Verletzung dieses Grundrechts sah das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluß des Oberverwaltungsgerichts (= OVG) Lüneburg, der einer behinderten Schülerin den vorläufigen Rechtsschutz gegen die Überweisung auf die Sonderschule [61] verwehrte.[62] Das OVG war davon ausgegangen, daß die Maßnahme sachlich gerechtfertigt sei, hatte das aber nur mit einem nichtssagenden Hinweis auf "organisationsbedingte" Umstände an den allgemeinen Schulen begründet. Es hatte nicht näher dargelegt, weshalb die Behinderte die benötigte sonderpädagogische Förderung nicht auch an der von ihr besuchten Schule erhalten konnte, wo sogar die Einrichtung einer besonderen Integrationsklasse geplant war. Das Bundesverfassungsgericht beanstandete, die Begründung der Entscheidung lasse nicht erkennen, daß das OVG die Ausstrahlungswirkung des Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG auf die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts (hier: des Schulgesetzes des Landes Niedersachsen) berücksichtigt habe. Das Niedersächsische Schulgesetz gestalte das Benachteiligungsverbot einfachrechtlich näher aus, indem es Schülern, die wegen einer Behinderung einer besonderen sonderpädagogischen Förderung bedürften, einen grundsätzlichen Anspruch auf gemeinsame Beschulung mit anderen Schülern gebe. Im Lichte von Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG folge aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis für den Rechtsanwender eine erhöhte Begründungspflicht, wenn er vom gesetzlichen Regelfall abweichen wolle. Deshalb dürfe er die Möglichkeit der Aufnahme des behinderten Kindes in eine allgemeine Schule nicht einfach mit pauschalen Hinweisen auf die Funktionsfähigkeit der Schulen bei begrenzten organisatorischen und personellen Mitteln ausschließen.[63] - Daß der Behinderte trotz aller Vorteile insgesamt benachteiligt wird, wenn er zum Besuch der Sonderschule gezwungen wird, war für das Bundesverfassungsgericht so selbstverständlich, daß es darauf nicht ausdrücklich einging.

Das OVG Lüneburg hielt in einem erneuten Beschluß in derselben Angelegenheit[64] an seiner Entscheidung fest. Jetzt äußerte es sich eingehend zur konkreten Situation der betroffenen Schülerin und ihrer Schule, so wie es das Bundesverfassungsgericht verlangt hatte. In erster Linie nutzte es allerdings die Gelegenheit, sich kritisch mit dessen Entscheidung auseinanderzusetzen. Es wandte sich gegen die Interpretation des Niedersächsischen Schulgesetzes als einfachrechtliche Ausgestaltung des Benachteiligungsverbotes mit Anspruch auf gemeinsame Beschulung und gab zu bedenken, daß das Schulgesetz bereits aus der Zeit vor der Einführung des neuen Grundrechts stamme. Vor allem aber rügte es, daß die Entscheidung nicht vom gesamten Senat, sondern nur von einer Kammer getroffen worden war. Nach §§ 93c Abs. 1 S. 1, 93a Abs. 2 lit. b des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (= BVerfGG) kann die Kammer einer offensichtlich begründeten Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn es zur Durchsetzung der Grundrechte angezeigt ist und das Bundesverfassungsgericht die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage bereits entschieden hat. Das OVG machte geltend, daß eine Entscheidung zu Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG bislang noch nicht bekannt geworden war. Die Kammer hatte auch keine konkret zu Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG ergangene Entscheidung benannt. Sie hatte sich lediglich auf die allgemeine ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezogen, nach der sich die verfassungsgerichtliche Kontrolle der Entscheidungen der Fachgerichte darauf erstreckt, ob die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung einfachen Rechts den Einfluß von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nicht beachtet oder grundlegend verkannt haben.[65] Hier stellt sich die Frage, wie konkret die Vorgabe sein muß, damit man annehmen kann, daß eine verfassungsrechtliche Frage bereits im Sinne des § 93c Abs. 1 S. 1 BVerfGG entschieden ist. Dabei handelt es sich nur um eines der Probleme, die die stattgebenden Kammerentscheidungen mit sich bringen und die zu einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem Institut geführt haben.[66]

Das OVG setzte auch dem verfassungsgerichtlichen Verständnis des neuen Grundrechts sein eigenes entgegen. Eine Verstoß komme allenfalls dann in Betracht, wenn das Kind wegen seiner Behinderung in die Sonderschule "abgeschoben" werde, obwohl es für die normale Schule geeignet sei. Die Wirkung des Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG werde im Schulbereich durch die staatliche Schulhoheit (Art. 7 Abs. 1 GG) begrenzt. Das Bundesverfassungsgericht sei schon wegen der Gestaltungsfreiheit der nach dem Grundgesetz für das Schulwesen zuständigen Länder zu großer Zurückhaltung verpflichtet. Im übrigen stehe Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG der Überweisung auf die Sonderschule regelmäßig schon deswegen nicht entgegen, weil er keine Leistungsansprüche begründe, das Verlangen einer gemeinsamen Unterrichtung mit nichtbehinderten Schülern wegen der dann erforderlichen Sonderbetreuung aber auf das Geltendmachen eines Leistungsanspruchs hinauslaufe.[67] - Unabhängig davon, wie man diese etwas ungewöhnliche "Replik" auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Form und Inhalt beurteilt, wird man jedenfalls einräumen müssen, daß sie einen wirkungsvollen Beitrag darstellt, um die Diskussion über das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung in Schwung zu halten. Es ist mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß sich das Bundesverfassungsgericht bei Gelegenheit zu der einen oder anderen hier angerissenen Frage äußern wird.[68]

6) Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1, 1. HS GG)

[1994] [1995] [2000] [2003]

Auch 1996 war das Bundesverfassungsgericht wieder mit den Anforderungen befaßt, die sich aus dem Grundrecht der Meinungsfreiheit für die fachrichterliche Interpretation privater Äußerungen ergeben. In den vergangenen Jahren hatte es in den aufsehenerregenden Entscheidungen zur strafrechtlichen Verfolgung des pazifistischen Ausspruchs "Soldaten sind Mörder"  besonders hervorgehoben, daß die Fachgerichte die von ihnen zu beurteilenden Äußerungen korrekt erfassen und würdigen müssen, ihnen insbesondere keinen Sinn entnehmen dürfen, den sie in Wirklichkeit nicht haben, und daß die Einhaltung dieser Anforderungen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt.[69] Nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts sollte sich diese Kontrolle darauf beschränken, ob die Fachgerichte bei der Subsumtion unter das Gesetz die Tragweite der Meinungsfreiheit nicht verkannt haben, doch hatte die Praxis in einigen der konkret entschiedenen Fälle Zweifel daran aufkommen lassen, ob sich das Gericht tatsächlich an seine eigenen Vorgaben hält.[70] Mit seinem Beschluß vom 13. Februar 1996 zur zivilgerichtlichen Untersagung bestimmter Äußerungen[71] leistete es nunmehr einen Beitrag, um diese Zweifel zu zerstreuen. Zunächst stellte es klar, daß auch die fachrichterliche Qualifizierung einer Äußerung als Werturteil oder Tatsachenbehauptung wegen ihrer Bedeutung für die Schutzbereichsprüfung und für die Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern[72] der verfasungsgerichtlichen Überprüfung nicht entzogen ist. Dann betonte es jedoch besonders, daß seine Kontrollbefugnis nicht weiter reiche als die Anforderungen, die das Grundrecht an die Deutung von Äußerungen stelle, und daß es daher nicht seine Aufgabe sei, den Sinn einer umstrittenen Äußerung abschließend zu bestimmen oder eine unter Beachtung der grundrechtlichen Anforderungen erfolgte Deutung durch eine andere zu ersetzen, die es für treffender halte.[73] Im konkreten Fall ging es um eine Äußerung auf einem Flugblatt, die man entweder als Bewertung der nachfolgend aufgeführten Tatsachen (und damit als Werturteil) oder aber als bloße Zusammenfassung der nachfolgenden Tatsachenbehauptungen (und damit selbst als -  weniger geschützte - Tatsachenbehauptung) verstehen konnte. Das Bundesverfassungsgericht übte hier deutlich Zurückhaltung: Es enthielt sich von vornherein jeglicher eigenen Stellungnahme zur "richtigen" Interpretation, so daß aus der Entscheidung nicht einmal hervorgeht, welcher es eigentlich selbst zuneigt, und überprüfte lediglich die dem Beschwerdeführer der erfolglosen Verfassungsbeschwerde ungünstige Deutung durch das letztinstanzliche Gericht auf ihre Vertretbarkeit.[74]

Von Interesse ist im übrigen eine leichte Abschwächung in der Formulierung der verfassungsrechtlichen Anforderungen: Während es in früheren Entscheidungen hieß, die zur Verurteilung führende Deutung dürfe erst dann zugrundegelegt werden, wenn andere, ebenfalls mögliche Deutungen mit "überzeugenden Gründen" ausgeschlossen worden seien,[75] verlangte das Bundesverfassungsgericht jetzt lediglich "tragfähige Gründe"[76]. Das verstärkt den Eindruck, daß es ihm auf eine eingehende Auseinandersetzung mit den anderen Alternativen und auf die Vertretbarkeit der tatrichterlichen Deutung und nicht auf seine eigene Überzeugung von deren Richtigkeit ankommt.[77] Ob es sich hier um mehr als eine bloße Variante in der Formulierung handelt, wird sich allerdings erst nach weiteren Entscheidungen beurteilen lassen.

7) Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1, 2. HS GG)

[1994] [1995] [2001]

Das Grundrecht der Informationsfreiheit umfaßt auch das Recht zur Installation von Parabolantennen zum Satellitenempfang ausländischer Fernsehprogramme. Dieses Recht ist vor allem für ausländische Mitbürger von Bedeutung, die über Satellit Zugang zu Programmen aus dem Heimatland erlangen wollen, die nicht in das Kabelnetz eingespeist werden. Es muß bei der Anwendung der Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch (= BGB), die die Rechte und Pflichten der Wohnungsmieter und -vermieter regeln, und bei der Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes (= WEG) auf die Verhältnisse unter Wohnungseigentümern berücksichtigt werden.[78] Die Gerichte müssen aber, wie jetzt entschieden wurde, nicht über besondere zivilrechtsdogmatische Konstruktionen sicherstellen, daß der Mieter einer Eigentumswohnung dieses Recht unmittelbar der Eigentümergemeinschaft entgegenhalten kann, wenn diese von ihm die Beseitigung einer von ihm angebrachten Antenne verlangt. Es ist ausreichend, wenn er den Vermieter gestützt auf §§ 535, 536, 242 BGB darauf in Anspruch nehmen kann, daß er eine ihm selbst gegenüber bestehende Duldungspflicht der übrigen Wohnungseigentümer nach § 14 Nr. 3 WEG einfordert und im Falle des Bestreitens gemäß § 43 I Nr. 1 WEG gerichtlich klären läßt. Dieser Weg ist komplizierter und führt außerdem zu einer verzögerten Realisierung des grundrechtlich geschützten Interesses des ausländischen Mieters, doch fallen diese Erschwernisse nicht so stark ins Gewicht, daß sie als unverhältnismäßige Belastung mit Art. 5 Abs. 1 S. 1 2. HS GG nicht mehr vereinbar wären.[79]

Ist ein Mieter in letzter Instanz zur Entfernung der Antenne verurteilt worden, muß er dem Urteil auch dann Folge leisten, wenn er dagegen Verfassungsbeschwerde erhoben hat, denn letztere hemmt die Rechtskraft des angegriffenen Urteils nicht. Er kann allenfalls eine einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG beantragen, mit der das Bundesverfassungsgericht unter Umständen die Vollstreckung aus dem Urteil aussetzen kann. Bringt er die Antenne in Mißachtung des Urteils nach dessen Vollstreckung eigenmächtig wieder an, muß er mit einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses nach § 554a BGB rechnen. Der Erfolg der Verfassungsbeschwerde führt nicht dazu, daß die Zivilgerichte in einem späteren Räumungsprozeß allein im Hinblick darauf, daß das vom Bundesverfassungsgericht aufgehobene Urteil die Informationsfreiheit des Mieters nicht hinreichend berücksichtigt hatte, die fristlose Kündigung trotz des schwerwiegenden Verstoßes gegen die zunächst rechtskräftig festgestellten Mieterpflichten für unzulässig erachten müßten.[80]

8) Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG)

[1995] [1999]

In einem Beschluß vom 24. April 1996[81] erklärte das Bundesverfassungsgericht nach zehnjähriger Verfahrensdauer das Gesetz von 1985 über befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen für verfassungsgemäß. Das Gesetz hatte die zuvor durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte und einige tarifvertragliche Regelungen stark eingeschränkten Möglichkeiten zum Abschluß zeitlich begrenzter Arbeitsverhältnisse im wissenschaftlichen Bereich wieder erweitert und gleichzeitig rechtliche Unsicherheiten beseitigt, die die Personalplanung der wissenschaftlichen Einrichtungen erschwert hatten. Dadurch sollte gewährleistet werden, daß den Hochschulen und Forschungseinrichtungen ein hinreichender Handlungsspielraum bleibt, um einen ständigen Austausch von wissenschaftlichem Personal sicherzustellen, wie er für eine qualitativ hochstehende Forschung und Lehre unentbehrlich ist. Zuvor waren Bemühungen um eine großzügigere Regelung im Tarifvertrag am Widerstand der Arbeitnehmervertretungen gescheitert. Eine besondere Bestimmung in dem neuen Gesetz, eine sogenannte Tarifsperre, machte es den Tarifpartnern jetzt unmöglich, durch zukünftige tarifvertragliche Vereinbarungen die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge erneut einzuschränken. Die Beschwerdeführer einer erfolglosen Verfassungsbeschwerde, zwei Gewerkschaften, sahen mit diesem Gesetz das Recht der Tarifpartner, in Tarifverträgen mit normativer Wirkung den Abschluß, die Beendigung und den Inhalt von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen zu regeln (Tarifautonomie)[82] und damit ihr Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG verletzt.

Das Bundesverfassungsgericht bestätigte, daß das Gesetz in die Koalitionsfreiheit eingreift, weil es die bestehenden tarifverftraglichen Regelungen für den wissenschaftlichen Bereich außer Kraft setzt und hinsichtlich derjenigen Arbeitnehmer, für die dieser Tarifvertrag nicht gilt, einer möglichen tarifvertraglichen Normierung vorgreift. Regelungen zur Befristung von Arbeitsverträgen bilden seit jeher einen Gegenstand tarifvertraglicher Vereinbarung und fallen daher unter die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie.[83] Wenn der Gesetzgeber seine eigenen materiellen Regelungen an ihre Stelle setzt, handelt es sich nicht mehr um eine gesetzliche Ausgestaltung, wie sie das Grundrecht der Koalitionsfreiheit in besonderem Maße zuläßt und in mancher Hinsicht sogar erfordert,[84] sondern um einen klassischen Eingriff.

Das Bundesverfassungsgericht sah den Eingriff aber durch hinreichend gewichtige, grundrechtlich geschützte Belange gerechtfertigt. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit wird zwar in Art. 9 Abs. 3 GG ohne Vorbehalt gewährleistet, doch bedeutet das nicht, daß dem Gesetzgeber jede Regelung in seinem Schutzbereich, die über eine Grundrechtsausgestaltung hinausgeht, verwehrt ist. Auch die Regelung von Fragen, die Gegenstand von Tarifverträgen sein können, ist ihm nicht von vornherein entzogen. Art. 9 Abs. 3 GG verleiht den Tarifvertragsparteien in diesem Bereich zwar ein Normsetzungsrecht, aber kein Normsetzungsmonopol. Das Gericht griff auf die Rechtsfigur der immanenten Grundrechts-Schranken[85] zurück, die es regelmäßig dann heranzieht, wenn ein Grundrecht im Grundgesetz ohne einen ausdrücklichen Schrankenvorbehalt geregelt ist: Der Griff zum Gesetz ist jedenfalls dann zulässig, wenn sich der Gesetzgeber auf kollidierende (und im konkreten Regelungszusammenhang vorrangige) Grundrechte Dritter oder andere Werte von Verfassungsrang stützen kann und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt.[86] Bei den Regelungen über befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal konnte er sich auf Art. 5 Abs. 3 GG (Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre) stützen. Diese Bestimmung enthält nicht nur ein Abwehrrecht, sondern auch eine objektive Wertentscheidung, die den Staat dazu verpflichtet, die Pflege der freien Wissenschaft und ihre Vermittlung an nachfolgende Generationen durch Bereitstellung von personellen, finanziellen und organisatorischen Mitteln zu ermöglichen und zu fördern.[87]

Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung kommt es dann allerdings entscheidend auf den Regelungsgegenstand an. Der Schutz vor dem Zugriff des Gesetzgebers richtet sich danach, inwieweit die Tarifpartner die Materie sachgerechter regeln können, weil sie ihre gegenläufigen Interessen besser zum Ausgleich bringen können als der Staat. Die sachliche Nähe einer Materie zur Tarifautonomie wird nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts schon äußerlich an dem Umfang erkennbar, in dem die Tarifpartner in der Praxis von ihrer Regelungsmacht Gebrauch gemacht haben. Dort, wo bereits tarifvertragliche Regelungen bestehen, genießt die Tarifautonomie danach einen stärkeren Schutz als in den Bereichen, die die Tarifpartner ungeregelt gelassen haben.[88] Daß ein Gegenstand möglicherweise nur deswegen ungeregelt geblieben ist, weil sich die Tarifvertragsparteien auch nach intensiven Verhandlungen nicht auf eine bestimmte Lösung einigen konnten, und daß der Gesetzgeber stets Gefahr läuft, einseitig die Interessen einer bestimmten Partei durchzusetzen oder gar die Interessen beider Parteien durch eine von niemandem gewollte Lösung zu verletzen, berücksichtigte das Gericht nicht.

Bei der Prüfung der umstrittenen Gesetzesbestimmungen, die in keinem Fall zu einer Beanstandung führte, fragte das Bundesverfassungsgericht vor allem danach, ob die einzelnen Regelungen überhaupt geeignete und erforderliche Instrumente zur Sicherung einer qualitativ hochstehenden Forschung und Lehre darstellen. In den Mittelpunkt seiner weiteren Erwägungen stellte es die Frage, ob der mit dem Tätigwerden des Gesetzgebers verbundene Eingriff in die Tarifautonomie angesichts der damaligen Verhandlungssituation erforderlich war. Hier kam es darauf an, ob zum Zeitpunkt des Gesetzeserlasses Aussicht auf eine tarifvertragliche Einigung bestanden hatte, die eine gesetzliche Regelung erübrigt hätte. Das Bundesverfassungsgericht nahm dabei wie selbstverständlich allein die konkreten politischen Vorstellungen des Gesetzgebers zum Maßstab, ohne das jedoch zu begründen.[89] Die Frage, ob eine Einigung möglich gewesen wäre, wenn die an der Liberalisierung befristeter Arbeitsverträge interessierte Arbeitgeberseite in anderen Sachfragen Zugeständnisse gemacht oder sich bereit erklärt hätte, die sozialen Nachteile für die befristet Beschäftigten durch besondere tarifvertragliche Vorteile (Abfindungszahlungen, besondere soziale Absicherungen etc.) auszugleichen, wurde nicht einmal aufgeworfen. Möglicherweise hätte sich auf diesem herkömmlichen Wege das Ziel des Gesetzgebers, den wissenschaftlichen Einrichtungen einen hinreichenden personalpolitischen Handlungsspielraum zu sichern, ebenso erreichen lassen. Vor diesem Hintergrund hätte jedenfalls die Erforderlichkeit der gesetzlichen Tarifsperre mit besonderer Sorgfalt überprüft werden müssen, führt die Tarifsperre doch dazu, daß die Tarifpartner die vom Gesetzgeber oktroyierte Lösung im Falle einer zukünftigen Einigung nicht einmal dann durch eine eigene ersetzen können, wenn diese im Hinblick auf die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele gleichwertig ist.[90] Das Gericht begnügte sich indessen mit dem Hinweis, es sei aus Sicht des Gesetzgebers nicht ausgeschlossen gewesen, daß die Arbeitgeberseite unter dem Druck von Arbeitskampfmaßnahmen oder im Zusammenhang mit Verhandlungen über andere arbeitsrechtliche Angelegenheiten die gesetzliche Möglichkeit zum Abschluß befristeter Arbeitsverträge zur Disposition stellen würde.[91] Ob sich das durch mildere Mittel als eine absolute Tarifsperre hätte verhindern lassen, wurde nicht erörtert.

weiter (Art. 12 - 19, 103 GG... )

 

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[1]  Siehe dazu bereits die Chronik vom Vorjahr, ERPL/REDP, vol 8 (1996), no 4, S. 1263 f.

[2]  Siehe aus der neueren Diskussion etwa Rozek, Deutsches Verwaltungsblatt (= DVBl.) 1997, 517; Albers, Zeitschrift für Rechtspolitik (= ZRP) 1997, 198; Mahrenholz, ZRP 1997, 129; Benda, Neue Juristische Wochenschrift (= NJW) 1997, 560; Wahl/Wieland, Juristenzeitung (= JZ) 1996, 1137; Böckenförde, ZRP 1996, 281.

[3]  Siehe dazu Zuck, ZRP 1997, 95.

[4]  Vergleiche (= vgl.) EGMR, Urteil vom 1. Juli 1997, Pammel v. Deutschland, Erwägungsgründe 46 ff.; EGMR, Urteil vom 1. Juli 1997, Probstmeier v. Deutschland, Erwägungsgründe Nr. 41 ff. Das Bundesverfassungsgericht hatte für zwei auf Richtervorlagen zurückgehende konkrete Normenkontrollverfahren (Art. 100 Abs. 1 GG) fünf Jahre und drei Monate bzw. sieben Jahre und vier Monate gebraucht.

[5]  Siehe BVerfGE 94, 268  (= Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, zitiert nach Band und Seitenzahlen, hier also: 94. Band, Beginn der zitierten Entscheidung auf S. 32) zum Grundrecht der Koalitionsfreiheit.

[6]  Vgl. den Geschäftsbericht des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts für das Geschäftsjahr 1996, S. 6.

[7]  Vgl. die Chronik zum Vorjahr, ERPL/REDP, vol 8 (1996), no 4, S. 1264 f., 1280 ff., 1289 ff.

[8]  Vgl. die Verhandlungen des 61. Deutschen Juristentages, Band II (Sitzungsberichte), 1997; siehe außerdem Starck, JZ 1996, 1033; Berkemann, DVBl. 1996, 1028; Bettermann, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.12.1996, S. 13; Weyreuther, DVBl. 1997, 925; allgemein zur "Verfassungsgerichtsbarkeit in der Kritik" H.H. Klein, in: Klein/Sendler/Stern (Herausgeber), Justiz und Politik im demokratischen Rechtsstaat, 1996, S. 39 (speziell zum Verhältnis von Verfassungs- und Fachgerichtsbarkeit S. 46 ff.).

[9]  Vgl. insofern bereits die unten vorgestellte Entscheidung zur zivilgerichtlichen Untersagung bestimmter Äußerungen (BVerfGE 94, 1), die allerdings schon Anfang 1996 ergangen ist.

[10]  BVerfGE 94, 49 [zweite Quelle] = DVBl. 1996, 753 = JZ 1996, Sonderheft Juni 1996, 2 = Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (= NVwZ) 1996, 700; siehe dazu auch Tomuschat, Europäische Grundrechte-Zeitschrift (= EuGRZ) 1996, 381; Frowein/Zimmermann, JZ 1996, 753; Hailbronner, NVwZ 1996, 625; Lübbe-Wolff, DVBl. 1996, 825; Schelter/Maaßen, ZRP 1996, 408; Mohr, Neue Justiz 1996, 402.

[11]  Siehe dazu im einzelnen die unten vorgestellten Entscheidungen zum Asylrecht.

[12]  Vgl. BVerfGE 94, 49 (104).

[13]  Vgl. BVerfGE 80, 315 (333); ähnlich bereits BVerfGE 54, 341 (357); 76, 143 (157 f.).

[14]  Vgl. BVerfGE 94, 49 (103).

[15]  Vgl. BVerfGE 30, 1 (24).

[16]  BVerfGE 94, 49 (103) im Anschluß an BVerfGE 84, 90 (120 f.).

[17]  Vgl. BVerfGE 30, 1 (41). Das Bundesverfassungsgericht erwähnt diese frühere Entscheidung, schließt aber nicht daran an.

[18]  Vgl. BVerfGE 94, 49 (104).

[19]  BVerfGE 94, 12 [zweite Quelle], betreffend den neu eingefügten Art. 143 Abs. 3 GG; siehe dazu auch die Anmerkung von Wolf, NJW 1996, 2013. Vgl. außerdem - auf diese Entscheidung Bezug nehmend - BVerfG NJW 1996, 2723; NJW 1997, 447; NJW 1997, 449, NJW 1997, 450.

[21]  BVerfGE 84, 90 (122 ff.). Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat Beschwerden gegen diese Entscheidung als unzulässig zurückgewiesen. Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention i.V.m. Art. 1 des Zusatzprotokolls vom 20. März 1952 finde auf die Enteignungen in der sowjetischen Besatzungszone zwischen 1945 und 1949 keine Anwendung (Beschluß vom 4. März 1996, Weidlich und andere v. Deutschland, NJW 1996, 2291).

[22]  BVerfGE 84, 90 (120 f.); vgl. jetzt auch BVerfGE 94, 12 (34).

[23]  BVerfGE 84, 90 (127 f.).

[24]  BVerfGE 94, 12 (36 ff.).

[25]  Vgl. bereits BVerfGE 36, 1 (17).

[26]  BVerfGE 94, 12 (34 ff.).

[27]  Siehe dazu bereits die Chronik für 1994, ERPL/REDP, vol. 7 (1995), no 4, S. 1127 f.

[28]  BVerfGE 49, 286.

[29]  BVerfG NJW 1997, 1632.

[30]  BVerfGE 85, 337 (345); Papier, in: Isensee/Kirchhof (Herausgeber), Handbuch des Staatsrechts, Band 6, 1989, § 153, Randnummer (= Rdnr.) 23 f.

[31]  BVerfGE 88, 118 (123 ff.); 85, 337 (345) mit weiteren Nachweisen.

[32]  BVerfGE 85, 337 (45); 54, 277 (291).

[34]  Vgl. bereits BVerfGE 40, 88 (91); 67, 208 (212 f.).

[35]  Vgl. bereits BVerfGE 52, 203 (207).

[36]  Vgl. bereits BVerfGE 69, 381 (386).

[37]  BVerfGE 94, 166 [zweite Quelle] = DVBl. 1996, 739 = JZ 1996, Sonderheft Juni 1996, 38 = NVwZ 1996, 678.

[38]  BVerfGE 94, 166 (198 f.).

[39]  BVerfGE 94, 166 (198).

[40]  C.C. 25. Februar 1992, 92-307 DC, Journal officiel vom 27. Februar 1992, S. 30003.

[41]  EGMR, Urteil vom 25. Juni 1996, Amuur v. Frankreich, EuGRZ 1996, 577, Erwägungsgründe Nr. 42 ff.

[42]  Siehe zum allgemeinen Gleichheitssatz bereits die Chronik vom Vorjahr, ERPL/REDP, vol 8 (1996), no 4, S. 1275 ff.

[43]  Siehe bereits BVerfGE 1, 14 (52); 4, 144 (155).

[44]  BVerfGE 55, 72 (88); 88, 5 (12); 88, 87 (96 f.); 89, 365 (375); 91, 389 (401); 92, 26 (51 f.); 92, 365 (407 f.).

[45]  Siehe aus der Rechtsprechung des Ersten Senats z.B. BVerfGE 94, 241 (260); 95, 39 (45), aus der des Zweiten Senats BVerfGE 93, 386 (397).

[47]  Vgl. BVerfGE 94, 241 (262).

[48]  Vgl. bereits BVerfGE 5, 85 (198); 22, 180 (204); 27, 253 (283).

[49]  BVerfGE 94, 241 (263 f.).

[50]  BVerfGE 94, 241 (264 f.).

[52]  BVerfGE 93, 386 (398 f.).

[53]  Ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt BVerfGE 80, 48 (51); 86, 59 (63).

[54]  BVerfGE 93, 386 (400 f.).

[56]  BVerfGE 95, 39 (46).

[57]  BVerfGE 95, 39 (46).

[58]  Vgl. bereits BVerfGE 4, 157 (168 ff.); 15, 337 (348 ff.).

[59]  BVerfGE 95, 39 (47 f.).

[60]  Verbot der Differenzierung nach Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat, Herkunft, Glauben oder religiösen oder politischen Anschauungen.

[61]  Sonderschulen sind spezialisierte Schulen für Schüler, die wegen körperlicher, geistiger oder psychischer Beeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen im Sozialverhalten einer sonderpädagogischen Förderung bedürfen.

[62]  Vgl. BVerfG NJW 1997, 1062 = JZ 1996, 1073; siehe zu dieser Entscheidung auch die Anmerkungen von Dietze, JZ 1996, 1074 und A. Jürgens/G. Jürgens, NJW 1997, 1052; zur Problematik auch A. Jürgens, DVBl. 1997, 410; Engelken, DVBl. 1997, 762; A. Jürgens, DVBl. 1997, 764.

[63]  BVerfG NJW 1997, 1062 (1062 f.).

[64]  OVG Lüneburg NJW 1997, 1087.

[65]  Vgl. z.B. BVerfGE 18, 85 (92 f.); 43, 130 (135); 89, 276 (285).

[66]  Vgl. allgemein zur Problematik der stattgebenden Kammerentscheidungen Benda, NJW 1995, 429; Sendler, NJW 1995, 3291; Starck, JZ 1996, 1033 (1041 f.).

[67]  OVG Lüneburg NJW 1997, 1087 (1088 f.).

[68]  Die behinderte Schülerin hat auch gegen den zweiten Beschluß des OVG Lüneburg Verfassungsbeschwerde erhoben. Das Bundesverfassungsgericht hat mittlerweile durch eine einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG die Wirkung des OVG-Beschlusses ausgesetzt (BVerfG NJW 1997, 1844), über die Verfassungsbeschwerde aber 1996 noch nicht entschieden. [Zur Entscheidung 1997...]

[69]  Siehe bereits BVerfG NJW 1994, 2943 und BVerfGE 93, 266 [zweite Quelle] sowie dazu die Chroniken für die Jahre 1994 und 1995, ERPL/REDP, vol. 7 (1995), no 4, S. 1136 f. und ERPL/REDP, vol 8 (1996), no 4, S. 1289 f.

[70]  Vgl. bereits die abweichende Meinung der Richterin Haas zu BVerfGE 93, 266 (BVerfGE 93, 313 ff.).

[71]  BVerfGE 94, 1; siehe dazu auch die Anmerkung von Seitz, NJW 1996, 1518.

[72]  Vgl. dazu bereits die Chronik für das Jahr 1994, ERPL/REDP, vol. 7 (1995), no 4, S. 1137 f.

[73]  BVerfGE 94, 1 (8 ff.).

[74]  Vgl. BVerfGE 94, 1 (10 f.).

[75]  Vgl. etwa BVerfG NJW 1994, 2941; BVerfGE 85, 1 (14); 82, 272 (280 f.).

[76]  BVerfGE 94, 1 (9); in diese Richtung gehend bereits BVerfGE 93, 266 (295 f.), wo "schlüssige Gründe" verlangt werden.

[77]  Vgl. dazu näher Seitz, NJW 1996, 1518 (1519).

[78]  Siehe bereits BVerfGE 90, 27 und BVerfG NJW 1995, 1665 und dazu die Chroniken für die Jahre 1994 und 1995, ERPL/REDP, vol. 7 (1995), no 4, S. 1139 ff. und ERPL/REDP, vol 8 (1996), no 4, S. 1292 f.

[79]  BVerfG NJW 1996, 2858.

[80]  BVerfGE 93, 381.

[81]  BVerfGE 94, 268 [zweite Quelle]; siehe dazu auch die abweichende Meinung des Richters Kühling, BVerfGE 94, 294.

[82]  Siehe dazu bereits BVerfGE 28, 304.

[83]  BVerfGE 94, 268 (282 ff.).

[84]  Siehe dazu bereits die Chronik vom Vorjahr, ERPL/REDP, vol 8 (1996), no 4, S. 1296, 1298 f.

[85]  Siehe dazu bereits die Chronik vom Vorjahr, ERPL/REDP, vol 8 (1996), no 4, S. 1286. Gebräuchlich ist auch die Bezeichnung als sogenannte "verfassungsimmanente Schranken".

[87]  BVerfGE 94, 268 (285) im Anschluß an BVerfGE 35, 79 (114 f.).

[88]  BVerfGE 94, 268 (284 f.).

[89]  Vgl. z.B. BVerfGE 94, 268 (287): "Einigung in dem von ihm angestrebten Sinne".

[90]  Als nicht erforderlich wird der Ausschluß zukünftiger derogierender Regelungen in der abweichenden Meinung des Richters Kühling (BVerfGE 94, 294 ff.) beurteilt.

[91]  BVerfGE 94, 268 (293). Die Geeignetheit der Tarifsperre wird dort sogar ohne jegliche Begründung bejaht.

 

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